Lauritas Blog
06. Februar 2025

Rückblick auf mein Lesejahr 2024 - Teil 1

  06. Februar 2025  •  6 Minuten

Blicke ich auf die Bücher zurück, die ich letztes Jahr gelesen habe, kommt es mir vor, als blätterte ich in einem Tagebuch. Mit jedem Buch verbinde ich ein Ereignis, eine Stimmung oder einen besonderen Menschen. Mein Leseziel, 26 Bücher zu lesen, habe ich nicht erreicht. Wenn ich mir eine Zahl vornehme, merke ich schnell, dass Stress ins Spiel kommt. Stress und entspanntes Lesen passt für mich nicht zusammen, ich muss aber zugeben, dass mir etwas Druck hin und wieder dabei hilft, mit dem Lesen am Ball zu bleiben - gerade, wenn ich von der Arbeit müde heimkomme und lieber bei einer Serie vor mich hin dösen möchte, als nach einem Buch zu greifen.

Es geht in meinem Rückblick heute aber nicht um Zahlen. Es geht um die Bücher, die ich gerne gelesen habe. Drei stelle ich Euch vor.


Ich, Lady Macbeth

Look like the innocent flower, but be the serpent beneath it.

Nach einer Empfehlung meiner Lieblingsbuchhandlung die schatulle aus Osterholz-Scharmbeck - Gerne hier klicken, sie freut sich sicher über Deinen Besuch! - habe ich den Januar mit “Ich, Lady Macbeth” (Original: “Lady Macbethad”) im 11. Jahrhundert verbracht. In dem Buch trifft man auf Gruoch, deren Großmutter ihr eine besondere Zukunft prophezeit: Eines Tages soll Gruoch eine legendäre und mächtige Königin von Schottland werden. Diese Prophezeiung nimmt sich die Protagonistin sehr zu Herzen. Grouch ist besessen von dieser Zukunft, sie richtet alle ihre Entscheidungen danach.

Der deutsche Buchtitel beginnt mit dem Wörtchen “Ich”, was ich sehr passend finde. Gruoch ist eine Figur, die in erster Linie an sich denkt. Sie ist machthungrig und stur. Aber auch unheimlich stark und widerstandsfähig. Gruoch wirkte auf mich zeitweise anstrengend, weil ich einige ihrer Entscheidungen nicht immer nachvollziehen konnte. Als ich das Buch fertig gelesen hatte, wurde mir bewusst, dass ich Gruoch nicht mögen muss. Aber ich musste sie für ihre Willensstärke bewundern. Man bedenke: Sie lebt als Frau im 11. Jahrhundert, einem sehr männerdominierten Jahrhundert. Ihr Weg zum Thron ist lang, steinig, viele Intrigen behindern sie.

Die Autorin Isabelle Schuler präsentiert ihre Charaktere mit Tiefgang und ihr Schreibstil ist angenehm. Das Leben der Lady Macbeth wird spannend geschildert. Spannend auch deswegen, weil Gruochs Kindheit sehr eindringlich erzählt wird. So erfahren wir, weshalb sie so ist wie sie ist.


Tintenherz

Bücher müssen schwer sein, weil sie eine ganze Welt in sich tragen.

Gleich zu Beginn des Jahres ging für mich ein Kindheitstraum in Erfüllung. Im Januar durfte ich Cornelia Funke live erleben! Gemeinsam mit Rainer Strecker an ihrer Seite hat sie ihre Figuren aus Band 4 ihrer Tintenwelt-Reihe (“Die Farbe der Rache”) auf der Bühne zum Leben erweckt. Ich war so verzaubert, dass ich gar nicht anders konnte, als Band 1 wieder zu lesen. Und was habe ich Meggie, Mo, Staubfinger und Elinor vermisst! Wenn es Bücher gibt, die Dich mit jeder Faser Deines Körpers in ihre Welt entführen können, dann sind es die Tintenwelt-Bücher. Wenn ich sie aus der Hand lege, fühlt es sich an, als erwachte ich aus einem langen und intensiven Traum.

Für alle, die “Tintenherz” nicht kennen, hier ein paar Worte zur Handlung.

Die Geschichte beginnt in einer regnerischen Nacht, als ein Fremder - Staubfinger - bei Meggie und ihrem Vater Mo an die Tür klopft und vor einem Mann namens Capricorn warnt. Am nächsten Tag reist Mo mit seiner Tochter Meggie zu ihrer Tante Elinor. Elinor besitzt eine riesige und kostbare Bibliothek. Dort versteckt Mo das Buch, um das sich alles drehen wird. Es beginnt ein magisches Abenteuer. Die ProtagonistInnen treffen auf den bedrohlichen Capricorn und den gefährlichen Basta, landen in einem sonderbaren Dorf, stoßen auf dunkle Geheimnisse und kämpfen um ihre Freiheit.

Die Autorin Cornelia Funke schmückt ihre Bücher mit einer unfassbar schönen, bildhaften Sprache. Die folgende Zeile gehört zu einer meiner liebsten Textstelle:

Eine Ahnung, klebrig von Angst, macht sich in ihrem Herzen breit: dass mit diesem Fremden, dessen Name so seltsam und doch so vertraut klang, etwas Bedrohliches in ihr Leben geschlüpft war.


Hotel Seattle: Erzählungen

Adults hid their pain, their fears, their failure, but adolescents hid their happiness, as if to reveal it would risk its loss.

Das Zitat fasst gut zusammen, um was es in der Kurzgeschichtensammlung von der Autorin Lily King geht. “Hotel Seattle” (Originaltitel: “Five Tuesday in Winter”) besteht aus 10 Kurzgeschichten. Im Mittelpunkt jeder Geschichte stehen Erwachsene und/oder Jugendliche, die entweder Glücksgefühle, Tiefpunkte, schlimme Schicksalsschläge oder Enttäuschungen durchleben. Es ist beinahe immer Liebe im Spiel.

Lily King schildert die Geschichten sehr realistisch. Sie konfrontiert die LeserInnen mit Themen wie Tod, sexueller Missbrauch, Verlust, Trauer. Wenn ein Buch mir diese Themen anbietet, lese ich es unter normalen Umständen nicht. Aber zu dem Zeitpunkt herrschten keine normalen Umstände. Kurzgeschichten mochte ich schon immer und das Cover hat mir sehr gefallen. Es ist mir direkt ins Auge gesprungen. Klickt hier und bewundert das Cover! Ist es nicht wunderschön?

Zudem war ich damals ohne Job. Kurz vor meinem Bewerbungsgespräch kam mir der Gedanke, dass es keine schlechte Idee wäre, ein aktuelles Buch aus dem Programm des Verlags zu lesen, bei dem ich mich beworben habe. Ich wollte damit ein wenig Eindruck schinden. Joblos war ich nach dem Gespräch leider immer noch, obwohl ich Eindruck schinden konnte (seufz). Auch wenn der Inhalt des Buches nicht unbedingt meinen Geschmack traf, muss ich zugeben, dass es sich um wirklich gute Lektüre handelt.

Für diejenigen, die ungeschminkte, authentische Geschichten ohne Kitsch mögen und die während des Lesens mit einem Cocktail aus Ekel, Wut, Traurigkeit, Mitgefühl und Fassungslosigkeit zurecht kommen, ist das Buch genau das richtige.

Hier eine kurze Zusammenfassung der einzelnen Kurzgeschichten:

1. “Kreatur”: Ein vierzehnjähriges Mädchen verliebt sich in einen verheirateten, viel älteren Mann.

2. Fünf Dienstage im Winter: Der schüchterne Buchhändler Mitchell träumt von wahrer Liebe. Er verliebt sich in seine Mitarbeiterin. Es dauert, bis er sich ihr öffnet.

3. In der Dordogne: Der Protagonist ist ein Vierzehnjähriger, der alleine daheim bleibt, während die Eltern in den Urlaub fahren. Er verbringt viel Zeit mit zwei Studenten, die auf das Haus und gewissermaßen auch auf ihn aufpassen.

4. Nordsee: Es steht eine Mutter-Tochter-Beziehung im Mittelpunkt. Die Tochter wendet sich nach dem Tod ihres Vaters von ihrer Mutter ab. Diese möchte das Verhältnis zu ihrer Tochter wieder verbessern und fährt mit ihr in den Urlaub.

5. Zeitstrahl: Eine Kellnerin und angehende Schriftstellerin zieht in die Wohnung ihres Bruders, nachdem sie sich von einer unglücklichen Affäre mit einem verheirateten Mann löst. Kurz vor der Hochzeit ihres Freundes lernt sie jemanden neues kennen, sie kann aber ihre erste Liebe nicht vergessen.

Hotel Seattle: Ein Mann verrät seinem besten Freund, dass er homosexuell ist. Dieser bricht daraufhin den Kontakt ab. Jahre später sehen sie sich wieder.

Warten auf Charlie: Ein Großvater sitzt in einem Krankenzimmer neben seiner Enkelin, die einen schweren Skiunfall hatte. Er wird sich seiner eigenen Sterblichkeit bewusst.

Mansarde: Eine junge Frau entwickelt Gefühle für den Vater ihrer guten Freundin.

Süden: Eine Mutter, die sich während einer langen Autofahrt mit ihren zwei Kindern unterhält, gerät in Konflikt mit einem der beiden.

Der Mann an der Tür: Sie ist eine junge Mutter und Autorin. Während sie versucht, Kind und Beruf unter ein Hut zu bekommen, durchlebt sie paranormale Momente.


Meine Lieblingsfigur aus Tintenherz

Ich bevorzuge Geschichten, die so vernünftig sind, auf den Seiten zu bleiben, wo sie hingehören.

Elinor ist einer meiner Lieblingscharaktere in “Tintenherz”. Sie ist unnahbar und stur, besitzt aber ein sehr großes Herz. Ihre Liebenswürdigkeit stellt sie immer zum richtigen Zeitpunkt unter Beweis. Elinor flucht viel, ist stets ehrlich, sehr reich und gibt das Geld nur für Bücher aus. Einfach cool!!

Ich wünsch’ euch was,

LG Laurita

P.S.: Ein großes Danke an meinen Lektor und seine konstruktive Kritik.

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